Interessante Entscheidung für Pferdeeinstellbetriebe und Einsteller

Das LG Potsdam hat in dem Urteil vom 17.10.2013 -3 S 53/12- einer Einstellerin einen Schadenersatz zugesprochen, der sich auf die Behandlungskosten des eingestellten Pferdes bezieht.

Das AG Potsdam hatte eine entsprechende Klage abgewiesen, auf die Berufung der Klägerin hin,  änderte das LG Potsdam die Entscheidung ab und verurteilte den Pferdepensionsbetrieb zum Schadensersatz.

Grundlage war, dass das eingestellte Pferd mit anderen Pferden auf einem Padock unterbracht war. Auf diesem befand sich eine Heuraufe. Regelmäßig wurde diese Heuraufe durch zwei Mitarbeiter der Beklagten dahingehend befüllt, dass eine Mitarbeiterin das Tor öffnete und die Pferde wegtrieb, eine andere Mitarbeiterin den Hoflader, auf dem sich ein Heuballen befand, auf das Padock fuhr. Die Heuraufe entsprechend mit dem Heuballen beladen wurde.

Die zweite Mitarbeiterin beim Starten des Hofladers darauf achtete, dass die Pferde weit genug weg waren, der Hoflader wieder zum Tor fuhr, das Tor von der zweiten Mitarbeiterin geöffnet wurde und der Hoflader wieder hinaus fuhr.

Am besagten Unfalltag erfolgte diese Aktion durch eine Mitarbeiterin alleine.

Das AG Potsdam sah hierin keine Pflichtverletzung, das LG Potsdam sah die Sache völlig anders:

Dadurch, dass die Mitarbeiterin der Beklagten, für die die Beklagte, gem. §278 BGB, einzustehen hat, alleine den Hoflader bedient hat und nicht sichergestellt hat, dass das in unmittelbarer Nähe stehende Pferd der Klägerin nicht etwa scheut oder aus anderen Gründen gegen die in Richtung des Offenstalls weisende Schaufel des Hofladers gerät und sich dadurch verletzt, hat diese Mitarbeiterin fahrlässig gehandelt.

Es hätte der Sorgfalt entsprochen, entweder –wie auch unstreitig ansonsten immer getan- eine zweite Person hinzuziehen, die die Pferde während des Füttervorgangs bewacht oder aber auf andere Weise zu gewährleisten, dass die Pferde nicht versehentlich gegen die Schaufel des Hofladers stoßen und sich dabei verletzen.

Dies mag eine geringfügige Unachtsamkeit gewesen sein und deshalb nur als „gering fahrlässig“ einzustufen sein, wie die Beklagte es in der Klageerwiderung bezeichnet hat, ändert aber nichts am Fahrlässigkeitsvorwurf.

Die Beklagte haftet auch für diesen einfachen fahrlässigen Pflichtverstoß. Sie kann sich nicht erfolgreich auf die Haftungsbeschränkung aus den in Ziffern 4 und 8 der vertraglichen AGB (Anm.: Einstellungsvertrag) berufen, da diese unwirksam sind.

Die Kammer muss deshalb nicht entscheiden, ob womöglich der Pflichtverstoß der Mitarbeiterin der Beklagten als grob fahrlässig anzusehen wäre.

Zff. 4) des Vertrages ist unwirksam, da hier eine Haftung pauschal für jegliche Schäden ausgeschlossen werden soll, die aus der Haltungsform resultieren können.

Damit aber wird auch eine Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden ausgeschlossen, was gem. §309 Nr. 7 a BGB unzulässig ist. Auch die in Zff. 8) des Einstellungsvertrages beinhaltete Haftungsbeschränkung ist unwirksam.

Die Klausel verstößt gegen §307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, da die Beklagte sich dem Wortlaut der Klausel nach auch im Bereich vertragswesentlicher Pflichten von einer Haftung für eine einfache Fahrlässigkeit freizeichnen will, dies aber zu einer Gefährdung des Vertragszweckes führen würde.

So hat der BGH entschieden, dass bei der Verletzung von wesentlichen Vertragspflichten (Kardinalpflichten) eine Freizeichnung oder summenmäßige Begrenzung der Haftung für Schäden durch Erfüllungsgehilfen unzulässig ist.

Ferner ist unzulässig eine generelle Freizeichnung (also auch für eine einfache Fahrlässigkeit) für Schäden aus der Verletzung von Hauptleistungspflichten, also auch solcher Pflichten, deren Nichteinhaltung den Vertragszweck gefährden.

Grundsätzlich dürfe man demnach zwar die Verschuldenshaftung einschränken. Dies darf jedoch nicht zu einer Aushöhlung von vertragswesentlichen Rechtspositionen der Vertragspartner führen.

Der Verwender (Anm.: von Allgemeinen Vertragsbestimmungen) darf nicht von Verpflichtungen befreit werden, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst möglich macht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und vertrauen darf.

Aus diesem Grund hält der BGH eine Freizeichnung von einfacher Fahrlässigkeit im Bereich der Kardinalspflichten, bezogen auf das Verhalten von nicht leitenden Angestellten oder Arbeitern, für unwirksam.

Dieser Auffassung schließt sich das LG Potsdam an. Im vorliegenden Fall führt dies zu einer Unwirksamkeit der Haftungsbeschränkung, gem. der dortigen Zff. 8) des Einstellungsvertrages.

In dieser Ziffer erfolgt eine uneingeschränkte Freistellung für leichte Fahrlässigkeit bei Schäden am Pferd. Wie diese Schäden entstanden sind, ist dabei nicht definiert.

Damit soll die Beklagte bei jeglicher Pflichtverletzung nur für grobe Fahrlässigkeit/Vorsatz haften, also auch bezüglich der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen genannten 5 Leistungspflichten des Einstellungsvertrages, wie:

Einstellung des Pferdes
tägliches Füttern
Tränken
Weidegang
tägliches Misten

Dies erfasst damit auch vertragswesentliche Pflichten und ist unzulässig. Zudem gehört die sorgsame Obhut doch gerade zu den vertragswesentlichen Pflichten des Vertrages, ohne die der Einstellungsvertrag gar nicht sinnvoll zu erfüllen wäre.

Die Haftung der Beklagten ist auch nicht beschränkt auf die Beträge, die von der Betriebshaftpflicht gezahlt werden. Diese Beschränkung ist zwar im zweiten Teil der Zff. 8) der Klausel im Einstellungsvertrag enthalten. Diese Klausel ist, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, unwirksam wegen Verstoß gegen §309 Nr. 7 a BGB, da hier eine unzulässige Haftungsbeschränkung auch hinsichtlich von Personenschäden erfolgt.

Letztlich hat das Landgericht entschieden, dass entgegen der Ansicht des AG Potsdam, der Anspruch der Klägerin ein Mitverschulden nicht entgegensteht. Ein Mitverschulden im Hinblick auf eine Tiergefahr ist der Klägerin nicht anzurechnen, da diese verschuldensunabhängige Haftung hinter der Verschuldenshaftung der Beklagten zurücktritt.

Das Landgericht schloss sich insoweit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH an, in der Form, dass der geschädigte Tierhalter die beim Schadenseintritt mitwirkende (verschuldensunabhängige) Tiergefahr sich auf einen Schadenersatzanspruch gegen den aus Verschulden haftenden Schädiger nicht schadensmindernd anrechnen lassen muss.

Nach dieser Norm haftet von zwei Gesamtschuldnern, wovon der eine nur aus §833 BGB (Tiergefahr) verantwortlich ist und der andere aus Verschulden, nur Letzterer. Dieser Gedanke findet nach Auffassung des BGH auch im Rahmen des zu berücksichtigenden Mitverschuldens Anwendung.

Dementsprechend schied nach Auffassung des LG Potsdam eine Mithaftung der Klägerin aus.

Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Pferdepensionsbetrieb der Einstellerin Schadenersatz in Form der Tierbehandlungskosten zu erstatten hatte.

 

Rechtsanwälte Winter, Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Kamenz/Bautzen
www.kanzleiteam.de

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