Bundesgerichtshof stärkt das Hausrecht von Hotelbetreibern


Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 032/2012 vom 09.03.2012

Bundesgerichtshof stärkt das Hausrecht von Hotelbetreibern

Der u.a. für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat desBundesgerichtshofs hat entschieden, dass nicht nur Privatleute, sondern auchUnternehmen ihr Hausrecht grundsätzlich frei ausüben können und dass dieErteilung eines Hausverbots als Ausdruck der Privatautonomie in der Regelauch nicht gerechtfertigt werden muss. Etwas anderes gilt jedoch dann, wennder von dem Hausrecht Betroffene gegen den Hausrechtsinhaber aufgrund einervertraglichen Abrede einen Erfüllungsanspruch erworben hat, der denAufenthalt in den Räumen einschließt. Dann bedarf das Hausverbot derRechtfertigung durch sachliche Gründe.

In dem zugrunde liegenden Fall buchte die Ehefrau des Klägers für die Zeitvom 6. bis zum 10. Dezember 2009 bei einem Touristikunternehmen für beideEheleute einen Aufenthalt in einem von der Beklagten betriebenenWellnesshotel. Nachdem das Touristikunternehmen die Buchung zunächstbestätigt hatte, teilte es am 19. November 2009 mit, dass ein Aufenthalt indem Hotel der Beklagten nicht möglich sei. Auf Nachfrage bei der Beklagtenerteilte diese dem Kläger mit Schreiben vom 23. November 2009 einHausverbot. Dieses begründete sie damit, dass die politische Überzeugung desKlägers – dieser war damals Bundesvorsitzender der NPD – nicht mit dem Zieldes Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentesWohlfühlerlebnis zu bieten. Der Kläger sieht sich dadurch diskriminiert. Mitdem beantragten Widerruf des Hausverbots möchte er die Beseitigung dieserDiskriminierung erreichen. Hierzu verweist er u.a. darauf, dass er sich beiseinen früheren Aufenthalten in dem Hotel nicht politisch geäußert habe. Daer dies auch bei künftigen und daher auch bei dem gebuchten Aufenthaltebenso habe halten wollen, hätte das Hausverbot nicht ausgesprochen werdendürfen.

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bundesgerichtshof hat derKlage insoweit stattgegeben, als die Erteilung des Hausverbots den Zeitraumdes gebuchten Aufenthalts betraf. Im Übrigen hat er die Entscheidung derVorinstanzen bestätigt.

Das Hausrecht beruht auf dem Grundeigentum oder –besitz und ist zugleichAusdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie. Folgedessen ist, dass der Hausrechtsinhaber, hier die Beklagte, in der Regel freidarüber entscheiden kann, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihnverwehrt. Der Umstand, dass die Beklagte das Hausverbot auf die politischeÜberzeugung des Klägers gestützt hat, führt im konkreten Fall nicht zu einerfür die Entscheidung wesentlichen Einschränkung.

Aus den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), die imZivilrecht den Schutz vor Diskriminierungen regeln, ergeben sich unterdiesem Gesichtspunkt keine Beschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts.Der Gesetzgeber hat nämlich bewusst davon abgesehen, dasDiskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungenzu erstrecken. Auch auf Art. 3 Abs. 3 GG kann sich der Kläger nicht mitErfolg berufen. Nach dieser Vorschrift darf zwar niemand wegen seinerpolitischen Anschauungen benachteiligt werden. Sie gilt aber im Verhältniszwischen Privaten nicht unmittelbar. Im Rahmen der ihr zukommenden sog.mittelbaren Drittwirkung hat eine Abwägung mit den ebenfalls grundgesetzlichgeschützten Interessen der Beklagten stattzufinden, denen der Vorrangeinzuräumen ist. Das Verbot, das Hotel der Beklagten nicht zu nutzen,betrifft den Kläger nur in seiner Freizeitgestaltung. Demgegenüber geht esfür die Beklagte um das von ihr zu tragende wirtschaftliche Risiko für dasGeschäftskonzept eines Wellnesshotels. Das lässt es gerechtfertigterscheinen, der Beklagten die Freiheit einzuräumen, solchen Gästen denZutritt zu verweigern, von denen sie annimmt, der Aufenthalt könne mit Blickauf die von ihnen vertretene politische Auffassung diesem Konzept abträglichsein.

Anders beurteilt der Senat den Zeitraum vom 6. bis 10. Dezember 2009.Insoweit besteht die Besonderheit, dass nicht nur die Ehefrau des Klägers,sondern auch dieser selbst mit der Bestätigung der Buchung jedenfalls nachden Regeln des Vertrages zugunsten Dritter einen Anspruch gegen die Beklagteerworben hatte, ihm den gebuchten Aufenthalt in dem Hotel zu gestatten. Einesolche zivilrechtliche Bindung führt dazu, dass die Erteilung eines denVertrag vereitelnden Hausverbots der Rechtfertigung durch besondersgewichtige Sachgründe bedarf. Durch die freiwillige – privatautonome –Gestaltung der eigenen Interessen verliert die Berufung der Beklagten aufdie Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG), die unternehmerische Freiheit (Art.12 GG) und die Ausübung der Eigentumsrechte (Art. 14 GG) nämlich deutlich anGewicht.

Auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts,an den das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden ist, sind ausreichendeSachgründe für die Erteilung des Hausverbots nicht anzunehmen. Insbesonderehat das Berufungsgericht keine Tatsachen festgestellt, aufgrund deren dieBefürchtung bestanden hätte, dass der Kläger bei einem weiteren Aufenthaltin dem von der Beklagten betriebenen Hotel – anders als bei seinenvorherigen Besuchen – nunmehr durch Äußerung rechtsextremer Thesen Unruhegestiftet hätte oder stiften würde.

Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 115/11
LG Frankfurt (Oder) - Urteil vom 22. Juni 2010 - 12 O 17/10
OLG Brandenburg - Urteil vom 14. Juli 2011 - 1 U 4/10

Zurück